Was die Amerikaner bewegt

Die Welt scheint gerade vor lauter Geheimhandelsabkommen zu schwirren.

In den USA ist das TTP (Trans-Pacific-Partnership) vielleicht noch aktueller als TTIP, das uns hier sehr beschätigt, weil Obama gerne dieses Abkommen schnell über die Bühne bringen möchte (Fast Track). Und wenn es darum geht, haben laut Obama die Aktivisten „keine Ahnung, wovon sie reden“. Sie gehen ihm sogar auf die Nerven, weil sie verlangen, dass der Text über all die Geheimverhandlungen den Mitgliedern des Kongresses zugänglich gemacht wird.

Eine Kampagne unterstützt den Senator Bernie Sanders, der gefordert hat, dass die Verhandlungen nicht im Dunklen stattfinden sollen.

Die Senatorin Elizabeth Warren warnt davor, dass Handelsabkommen wie TTP Tür und Tor offen wären für Banken, Dinge in aller Ruhe zu machen, die sie nicht unbedingt in der Öffentlichkeit tun würden.

Für die Journalistin Dana Milbank von der Washington Post ist TTP eine „Abscheulichkeit“.

Deshalb möchten die Aktivisten den Druck auf Hillary Clinton erhöhen und sie bei diesem Abkommen auf Herz und Nieren prüfen – einfach als erster Beweis ihrer Vertrauenswürdigkeit, falls sie jemals Präsidentin der USA werden sollte.

CSU-Abgeordneter Göppel: US-Freihandelsabkommen so nicht zustimmungsfähig

Auf diese Weise hat sich Anfang des Jahres der Bundestagsabgeordnete der CSU auf seiner Webseite aus dem Wahlkreis Ansbach-Gunzenhausen positioniert. Unsere Erwartungen als TTIP-Kritiker gegenüber der CSU sind anscheinend so einseitig, so daß dieses lesenswerte Statement leider unbemerkt blieb.

Offenbar ist für Josef Göppel das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP), ebenso wie das Abkommen mit Kanada (CETA) sowie Verträge zum Handel mit Dienstleistungen (TISA) unter den jetzt diskutierten Verhandlungsinhalten nicht zustimmungsfähig. Oder wie sonst soll man seine folgenden Aussagen werten: „Ich befürchte vielmehr eine massive Aushöhlung unserer staatlichen und kommunalen Handlungsspielräume. Gleichzeitig sehe ich in diesen Abkommen ein weiteres Vordringen reiner Marktmechanismen in gemeinwohlbezogene Lebensbereiche wie Trinkwasserversorgung, Rettungsdienste, Gesundheitsversorgung und Bildungsangebote.“

Weitere thematisiert er den Investorenschutz, daß dies „bei Vertragspartnern mit funktionierender Gerichtsbarkeit nicht angemessen“ sei. Auch die Einsetzung des mächtigen und praktisch nicht mehr zu kontrollierenden „Regulatorischen Kooperationsrats“ führt er als eine Aushöhlung demokratisch gewählter Strukturen an.

Sehr interessant finde ich jedoch, daß er in einer Anfrage an den wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages klären ließ, welche Hemmnisse für Exporte in die USA unter der jetzigen Rechtslage in den Sektoren Automobil und Maschinenbau bestehen. Die Antwort lautet: „Für die Bereiche Maschinenbau und Automobilindustrie sind uns keine Handelshemmnisse bekannt.“ Der Grund hierfür sei, daß sowohl Deutschland, als auch die USA Mitglied der Welthandelsgemeinschaft WTO von Beginn an waren.

Herr Göppel hat sich – wie man in dem Statement gut nachvollziehen kann – tiefgreifend mit TTIP & Co. auseinandergesetzt, nicht nur oberflächlich. Er greift sehr viele unserer Kritikpunkte gegen TTIP, wie z.B. Vorsorgeprinzip, Negativlisten oder kommunale Daseinsvorsorge, ebenfalls auf und führt sie als Begründung an, weshalb er TTIP nicht zustimmen kann. Das belegt der letzte Satz: „Für Josef Göppel ist kein Zusatznutzen belegt. Er kritisiert, dass auch in den Unionsparteien ständig vage Versprechungen wiederholt würden. Viel zu wenige Politiker machten sich die Mühe, ins Detail zu gehen.“

Und das finde ich sehr gut: dass es in der CSU noch Männer mit Eiern gibt (frei nach O. Kahn) – die nicht das Vorgeplapper von Merkel, Gabriel und Seehofer ohne Nachzudenken für gut befinden und verteidigen. Deshalb gebe ich ihm hier das Gehör bei uns TTIP-Kritikern, auch um uns zu zeigen: Wir sind mehr als wir glauben, nicht nur linke oder hysterische Spinner!

Ein weiteres Statement auf seiner Webseite befaßt sich – ebenfalls sehr lesenswert – mit TiSA.

US-Diplomaten: TTIP war die Idee von Bundeskanzler Merkel

Bei mehreren Veranstaltungen sagten US-Diplomaten, dass die Idee für TTIP und insbesondere das Investitionsschutzabkommen eine Idee der Bundesregierung und insbesondere von Angela Merkel war. Deshalb müssen wir insbesondere in Deutschland den Druck auf die Regierung erhöhen. Die Demo am vergangenen Samstag war dazu schon ein starkes Signal.

Generalkonsul: TTIP ist die Idee der Kanzlerin, Passauer Neue Presse vom 19.04.2015

Rainer Winters, TTIP: Geheime Schiedsgerichte waren Merkels Vorschlag, analogo.de, 22.03.2015

Schiedgerichte, so wie sie geplant sind: Ade!

Laut Handelsblatt in seinem Morning Briefing, haben die TTIP-Gegner einen Etappensieg errungen:

„Die privaten Schiedsgerichte, die es Konzernen ermöglichen würden, ihre Interessen außerhalb der Gerichtsbarkeit durchzusetzen, soll es so nicht mehr geben. Unabhängige Richter sind nun geplant und sogar eine Berufungsinstanz soll zulässig sein, so hören wir aus der Verhandlungskommission.“

Weiter heißt es: „(…)Die Kritiker werden das Freihandelsabkommen am Ende nicht verhindern – aber sie werden es besser gemacht haben.“

 

 

Rede von Andrea Behm, attac, am 18. April 2015 zum Globalen Aktionstag in München

Liebe Bündnisfreundinnen und – freunde,

sehr geehrte Damen und Herren,

TTIP, CETA und TiSA, die neue Generation der sog. „Freihandels“abkommen, wird die bisherigen Bemühungen der Länder des Südens, Armut und Hunger zu bekämpfen, ad absurdum führen. Die Folge: Die Zahl der heute schon weltweit 50 Millionen Flüchtlinge wird steigen. Ebenso die Zahl jener Flüchtlinge, die auf ihrer Flucht zu Tode kommen, wie die fast 3.500 Flüchtlinge, die nach offiziellen Angaben allein letztes Jahr im Mittelmeer vor unseren Küsten ertranken.

Die Handelspakte TTIP & Co. werden weitere Menschen zwingen, ihre Heimat aus wirtschaftlichen Gründen zu verlassen. Denn mit ihnen legen die europäischen Industrieländer und die USA neue, global gültige Spielregeln für die Weltwirtschaft fest – sie sprechen schon von „Goldstandards“ – und untermauern so ihren Weltmachtanspruch. Und das mit fatalen Folgen für all jene Länder, die nicht mit am Verhandlungstisch sitzen. Denn sie werden sich, ob sie wollen oder nicht, an diese Regeln halten müssen, wenn sie am Welthandel teilnehmen möchten. Wie aber können ärmere Länder des Südens die vereinheitlichten TTIP-Standards erfüllen? Wie sollen sie ihre Bürger_innen von einer Flucht abhalten, wenn ihr lebenserhaltender Handel mit Fischereiprodukten, Bananen und Zucker weggebrochen ist, weil TTIP die transatlantischen Zölle auf Landwirtschaftsprodukte abgeschafft hat?

Für ganz Lateinamerika wird das reale Bruttosozialprodukt um 2,8 % und für ganz Afrika südlich der Sahara um 2,1 % schrumpfen. Eine Katastrophe! Nicht nur, weil wieder einmal die Ärmsten am Schlimmsten betroffen wären, sondern auch, weil das Zeichen, das damit in die Welt ausgesendet wird, ein fatales ist: Wir machen unser Ding und hängen Euch ab!

Wir lehnen daher die bilateralen TTIP-Verhandlungen ab. Denn: Verhandlungen müssen multilateral und auf Augenhöhe geführt werden. Die Kolonialzeit ist vorbei!

Aber noch nicht genug: Die neuen Handelspakte werden die Post-2015-Agenda, die sog. „Nachhaltigen Entwicklungsziele“ (SDGs) untergraben, die die Vereinten Nationen bis September als Nachfolge-Agenda der auslaufenden Millennium-Entwicklungsziele (MDGs) vereinbaren werden. Im Mittelpunkt stehen dabei der Mensch und der Planet Erde. Die 193 Mitgliedstaaten sind sich einig: Ein „Weiter so wie bisher“ ist keine Option! Inklusive Partnerschaften müssen her auf allen Ebenen – der lokalen, nationalen und der globalen! Ein wahrhaft inklusives und transformatives Wirtschaftssystem und eine globale Solidarität für eine wachsende Nachhaltigkeit sind gefordert. Und keine „Wirtschafts-NATO“!

Nichts anderes aber ist TTIP & Co: Ein exklusiver Club der Reichen, der handelspolitische Blockbildungen von Schwellenländern wie Brasilien, Indien und China versus EU und USA provoziert mit unvorhersehbaren Folgen für den Weltfrieden.

Aber wollen wir all das?

Ich jedenfalls nicht.

Mächtige Technokraten in Brüssel, die wir nicht gewählt haben, treffen sich an Orten, die wir nicht kennen, um Handelsabkommen zu besprechen, von denen wir nichts erfahren. Damit sie Verpflichtungen für uns alle beschließen, die wir nicht wollen und die in eklatantem Widerspruch zu den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen stehen.

Sie opfern das Gemeinwohl und unser aller individuelles Wohl dem Profitstreben einigen – wenigen – internationalen Unternehmen.

Das darf nicht sein! Und deshalb sind wir hier und fordern:

CETA, die TTIP-Verhandlungen und TiSA müssen sofort gestoppt werden!

Wir lehnen einen „totalen Markt“ und die Selbstermächtigung der Wirtschaft ab. Wir, die Inhaber_innen der Souveränität und der Bürgerrechte, verlangen die Demokratie zurück!

Denn: Eine andere Welt ist möglich!

Vielen Dank!

 

 

 

 

Die konservative Corriere della Sera aus Italien meint, dass…

… die Protestwelle gegen TTIP vor allem in Deutschland aber auch in anderen Ländern der EU auf einer Ideologie beruhen, und zwar auf primärem Antiamerikanismus.

„(…) Die Handelsabkommen beinhalten keine der Gefahren, die die TTIP-Gegener in ihnen sehen. Das Scheitern des Handelsabkommens würden die Bemühungen zunichte machen, die darauf zielen, sichere und demokratische Regeln zu etablieren, um den transatlantischen Handel zu regulieren (…) Wenn dieser Teil der Welt jahrzehntelang Frieden und Respekt erfahren durfte, dann war es Dank dem Handel.“