Gentechnik-Kennzeichnungen per Strichcode durch TTIP?

In der Frage, ob durch das Freihandelsabkommen TTIP Gentechnik-Kennzeichnungen per Strichcode eingeführt werden könnten, hat das Landwirtschaftsministerium nun auf anhaltende Kritik reagiert: eine „obligatorische Einführung (…) stand und steht innerhalb der EU nicht in Rede“, heißt es in einem Schreiben an den Grünen-Parlamentarier Harald Ebner. Der meint, Agrarminister Christian Schmidt (CSU) wolle sich „aus der Affäre mogeln“.

„Wie Herr Schmidt jetzt schon wieder versucht, sich aus der Affäre zu mogeln und seine eigenen Aussagen zum realen Strichcode-Vorschlag zu dementieren, spricht Bände. Was für Zumutungen werden unsere TTIP-Verhandler als nächstes aus den geheimen Meetings mitbringen?“, kommentiert Ebner die Antwort des Ministeriums auf seine Anfrage zum Thema. „Tatsachenwidrig“ – so der Abgeordnete, der Schmidt nach Washington begleitete – sei die Behauptung, der Vorschlag, Gentech-Infos per Smartphone von der Produktverpackung abscannen zu können, habe sich nur auf die USA bezogen.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte Ebner vor einigen Tagen geschrieben: „Durch TTIP dürfen bestehende Regelungen zur Zulassung und Kennzeichnung von GVO [gentechnisch veränderte Organismen, Anm. d. Red.] nicht in Frage gestellt werden. Beide Seiten waren sich einig, dass weder die USA noch die EU durch TTIP gezwungen werden sollen, Abstriche am Verbraucherschutzniveau vorzunehmen.“ Zum Strichcode-Vorschlag, von dem Schmidt vor zwei Wochen in der Tagesschau berichtet hatte, heißt es: „In den Gesprächen mit Herrn Bundesminister Schmidt während seiner USA-Reise war über die Überlegung gesprochen worden, ob man in den USA eine solche Kennzeichnung mittels Barcode einführt. Für eine Kennzeichnung innerhalb der EU ist solch eine Barcode-Information nicht ausreichend.“

Anders als in der EU gibt es in den USA bislang keine Kennzeichnung, ob ein Lebensmittel Bestandteile aus Gentechnik-Pflanzen enthält. Vergleichbar ist die Lage hingegen bei tierischen Erzeugnissen wie Fleisch, Eiern und Milchprodukten: hier gibt es weder diesseits noch jenseits des Atlantiks Transparenz. Der Grünen-Abgeordnete Ebner glaubt, dass es nach Schließung eines Freihandelsabkommens auch keine Verbesserung für Verbraucher mehr geben kann. Es sei „vielsagend“, dass EU-Agrarkommissar Phil Hogan zu dieser Kennzeichnung schweige. „Denn die wird es mit TTIP nicht geben“, ist sich Ebner sicher.

Hogan hatte sich zuvor zum Smartphone-Vorschlag geäußert. „Dass man in Zukunft ein gentechnisch verändertes Produkt nur dann erkennt, wenn man den Strichcode auf der Verpackung scannt, wie die Amerikaner das offenbar vorschlagen, entspricht nicht meiner Vorstellung von einer klaren Kennzeichnung und auch nicht den geltenden Regeln“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. „Das ist mit uns nicht zu machen.“ [dh]

Informationsdienst Gentechnik vom 19.01.2015

http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news/de/30237.html

Fairhandelsdemokratie statt Freihandelsdiktatur

FRAGE AN DAS

»zoon politikon«, an den» politischen Menschen« in Ihnen: Was bräuchte es Ihrer Ansicht nach gegenwärtig am dringendsten in der EU? Konzertierte Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit, eine effektive Strategie gegen den Klimawandel, die Zerteilung der Großbanken, die Schließung von Steueroasen, die Besteuerung von Milliardenvermögen, eine EU-weite Armutssicherung, Förderungen für soziales Unternehmertum und Gemeinwohl-Banken? Oder wünschen Sie, dass zuerst »Handelshindernisse« zwischen USA und EU abgebaut werden, damit die Großkonzerne noch mehr Macht bekommen?

Am 11. Oktober 2014 gingen über einhunderttausend politische Menschen in über 1000 Städten von 22 EU-Mitgliedsstaaten auf die Straßen, um den Stopp der TTIP-Verhandlungen zwischen den USA und der EU zu fordern. Sie wollen nicht, dass unter dem schönfärberischen Titel »Freihandel« die Demokratie, Arbeitsstandards, KonsumentInnenschutz, Regionalität und Nachhaltigkeit rückgebaut – und Rechte und Freiheiten für Großkonzerne ausgeweitet werden. Das TTIP brächte Fesseln für die Politik und Klagerechte für Konzerne. Unter dem Euphemismus der Wirtschafts freiheit dräut eine Handelsdiktatur.

Die EU-Eliten haben offenbar jeden Kontakt zu den BürgerInnen gekappt. Ohne Beschluss der nationalen Parlamente und des EU-Parlaments gibt der nicht gewählte Europäische Rat der nicht gewählten Europäischen Kommission den Auftrag, ein Wirtschaftsabkommen zwischen der USA und der EU geheim zu verhandeln. Wieso geben die Parlamente nicht das Mandat? Wieso wird dieses nicht öffentlich diskutiert? Ein Etappensieg der BürgerInnenproteste ist die Veröffentlichung des Verhandlungsmandats. Alles, was befürchtet wird, ist darin enthalten: die »Angleichung« von Gesundheits-, Umwelt- und VerbraucherInnenschutz-Standards, Fesseln für die demokratische Regulierung, Unterhöhlung der Gemeindeautonomie, freier Kapitalverkehr für finanzielle Massenvernichtungswaffen. Nicht die eigene Bevölkerung soll in Zukunft bei Gesetzesvorhaben angehört werden, sondern die lobbyumzingelten Behörden der USA. Und falls dann doch noch eine Norm, ein Gesetz durchschlüpfen sollte, das die Wirtschaftsfreiheiten der Konzerne »unnötig« beschränkt, können diese auf »indirekte Enteignung« klagen: vor privaten und geheim tagenden Ad-hoc-Tribunalen, wo keine Richter urteilen, sondern konzernnahe »Streitschlichter« sich ein fettes Zubrot verdienen.

Wem fällt so eine »schöne neue Welt« ein? Die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission sind in einem beängstigenden Ausmaß zu Lobby-Armen der transnationalen Konzerne geworden. Den endgültigen Vorrang »Freihandel vor Demokratie« errichtete die EU-Kommission, als eine breite Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen eine europäische BürgerInnen-Initiative zum Stopp der TIPP-Verhandlungen einleiten wollte. Dieses BürgerInnen-Begehren wurde von der Kommission kaltschnäuzig abgeschmettert. Zum Glück lassen sich die InitiatorInnen nicht beirren und starteten am 7. Oktober in Eigeninitiative eine Unterschriftensammlung. Ziel sind eine Million Unterschriften in einem Jahr – so viel muss eine »genehmigte« BürgerInneninitiative erreichen – nach nur 2 Monaten wurde die Million an die EU-Kommission übergeben.

Ich habe unterschrieben. Aber ich will mehr: Mehr Demokratie und echte Souveränität. Souverän kommt vom lateinischen »superanus« und bedeutet »über allem stehend«, das sollte auch in den Verhandlungen von völkerrechtlichen Verträgen zum Ausdruck kommen. Ein Vorschlag dazu: Die souveräne Bevölkerung erteilt via Volksabstimmung ein »Rahmenmandat« für völkerrechtliche Verhandlungen, das in Form von Strategiezielen in der Verfassung verankert wird, zum Beispiel: wachsende Nachhaltigkeit, Verteilungsge rechtigkeit, voller Respekt der Menschenrechte inklusive der ILO-Arbeitsnormen, Verringerung der Geschlechterkluft, Förderung der kulturellen Vielfalt. Auf dieser Basis kann die Vertretung des Souveräns, das (EU-)Parlament, die Regierung (EU-Kommission) mit der Aufnahme von Verhandlungen betrauen, jedoch nur, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Wird ein Mandat erteilt, prüft es der Verfassungsgerichtshof (EuGH) auf Verfassungskonformität. Ist das Ergebnis negativ, erlischt das Verhandlungsmandat. Ist es positiv, können die Verhandlungen starten, allerdings nur transparent und partizipativ nach – ebenfalls in der Verfassung – klar vorgegebenen Spielregeln. Das Ergebnis der Verhandlungen wird der höchsten Instanz zur Entscheidung vorgelegt. Nur wenn der Souverän dem Vertrag, der in seinem Namen ausverhandelt wurde, zustimmt, kann dieser in Kraft treten. Vielleicht löst die Frustration mit TTIP als Nebeneffekt den nächsten Entwicklungsschritt zu echter Demokratie aus.

Dann hätte es sein Gutes.

Christian Felber

aus dem brennstoff Nr. 39/15

http://w4tler.at/wp-content/uploads/2015/01/brennstoff39.pdf

 

Christian Felber ist u.a. der Gründer der Gemeinwohlökonomie.

Aus dem Verlagsnotiz bei Hanser:

Christian Felber, geboren 1972, studierte Romanische Sprachen, Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Wien und Madrid. Er ist einer der bekanntesten Proponenten wirtschaftlicher Alternativen, Mitbegründer von Attac, …

http://www.hanser-literaturverlage.de/autor/christian-felber/

Von ihm sind schon verschiedene Bücher erschienen:

Die Gemeinwohlökonomie (2012), Deuticke, Wien

Geld, die neuen Spielregeln

Retten wir den Euro, Deuticke, Wien

Freihandelsabkommen TTIP, Hanser Box, München

 

Eine amerikanische Studie über herabgesetzte Standarde bei giftigen Pestiziden

Das Center for International Environmental Law – CIEL, das es seit 25 Jahren gibt, hat gleich im neuen Jahr einen 22-seitigen Bericht über die Verhandlungen von TTIP in Sache Pestiziden veröffentlicht. Der Bericht erreichte sogar die Titelseite der Zeitung The Guardian und die Medienaufmerksamkeit auf drei Kontinenten.

Auf Englisch zu lesen unter:

http://ciel.org/Publications/LCD_TTIP_Jan2015.pdf

http://www.theguardian.com/sustainable-business/2015/jan/07/ttip-trade-agreement-pesticides-toxics-health-environment

Screen Shot 2015-01-07 at 9.18.34 AM.png

Alternativen zu TTIP & CETA gibt es…

… wie hier z.B. in dieser von Alternative Trade Mandate erarbeiteten Broschüre.

Das Bündnis besteht aus ca. 50 NGOs, die davon überzeugt sind, dass die Handelspolitik Europas grundlegend überdacht und geändert werden soll. An der Tagesordnung sind Menschenrechte, Demokratie, Ökologie, Gendergleichheit und auch Gleichheit unter den Ländern, den Gesellschaftsklassen und Ethnien. Diese Alternativen fördern wirtschaftliches, soziales und umweltfreundliches Gemeinwohl auf globaler Ebene.

http://www.fdcl.org/wp-content/uploads/2014/08/resumen_ATM-DE-PRINT.pdf

http://www.alternativetrademandate.org/

 

Deutscher Rechtsexperte: TTIP-Investorenschutz verfassungswidrig

Private Schiedsgerichte in den Freihandelsabkommen Ceta und TTIP verstoßen nach Ansicht des deutschen Staatsrechts-Experten Siegfried Broß gegen das deutsche Verfassungsrecht, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“.

Die Klauseln verstoßen laut Broß „gegen deutsches Verfassungsrecht, Recht der EU und bedeuten einen Systembruch des Völkerrechts“. Broß war bis 2010 Richter des deutschen Bundesverfassungsgerichts.

Broß verfasste für die deutsche Hans-Böckler-Stiftung eine Studie zu diesem Thema. In der Studie „Freihandelsabkommen, einige Anmerkungen zur Problematik der privaten Schiedsgerichtsbarkeit“ kommt Broß zu dem Schluss, dass der Einsatz von Schiedsgerichten bei Freihandelsabkommen zu Recht kritisch gesehen wird. Die Studie steht auf der Webseite der Hans-Böckler-Stiftung gratis als Download zur Verfügung.

„Privates Schiedsgericht und Ausübung von Gerichtsbarkeit gegenüber Staaten bei Streitigkeiten, die aus Freihandelsabkommen erwachsen, schließen sich aus. Es bedeutet den Verlust von staatlicher Souveränität und Selbstachtung, sich einer Gerichtsbarkeit außerhalb der Staatenebene zu unterwerfen. Eine Schiedsgerichtsbarkeit innerhalb eines Freihandelsabkommen darf allenfalls als Staatsschiedsgericht organisiert werden. Die Zusammensetzung eines Staatsschiedsgerichts ist so zu gestalten, dass es sich um Vertreter der Vertragsstaaten mit Zustimmung der nationalen Parlamente handeln muss.“

„Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Regeln vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof scheitern, sei sehr hoch“, so Broß zur „Süddeutschen Zeitung“. Brisant wäre eine diesbezügliche Entscheidung der Gerichte auch deshalb, weil es Konsequenzen für bereits bestehende Abkommen hätte, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. „Hinsichtlich der alten Verträge müsste dann nachverhandelt werden“, sagt Broß. Da könnte viel Arbeit auf die Regierungen in der EU zukommen. Allein Deutschland, das als „Erfinder“ von Investorenschutzregeln gilt, hat knapp 130 laufende Investitionsschutzabkommen im Bestand.“

Link zur Studie: http://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_report_2015_4.pdf

Quelle: EU-Umweltbüro, 22.01.2015,

http://www.eu-umweltbuero.at/cgi-bin/neu/cont.pl?contentart=eunews&id=4911

 

50.000 Menschen waren sich in Berlin einig: WIR HABEN TTIP SATT!

Der große Erfolg der Berliner Demo für eine bäuerliche Landwirtschaft, ohne Gentechnik, Agrarindustrie und Massentierhaltung, für eine Wirtschaft ohne TTIP und  CETA, zeigt eindeutig, dass der Widerstand unaufhörlich wächst und der Wachstum zu jedem Preis uns Bürger nicht mehr befriedigt. Es beflügelt auch und gibt uns einfach Hoffnung, dass wir uns endlich Gehör bei den Entscheidungsträgern verschaffen werden! 50.000 Leute können nicht ignoriert werden!

Beim Bündnis-Mitglied campact ist ein Video zu sehen:

http://blog.campact.de/2015/01/50-000-haben-ttip-und-ceta-satt/

Bei unserem Bündnis-Mitglied, die Grünen, sind Fotos zu sehen:

http://www.gruene.de/themen/klima-umwelt/2015/zehntausende-haben-es-satt.html

 

 

 

 

Pressemitteilung der Europäischen Kommission über die Konsultation zum Thema Inversitionsschutz

Am 13. Januar veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Auswertung der fast 150.000 Antworten auf die Online-Konsultation zum Investitionsschutz und zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (investor-to-state dispute settlement, ISDS) im Rahmen der transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP).

Weiter zu lesen auf der Webseite der Europäischen Kommission unter:

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-3201_de.htm