Antwort von Ismail Ertug,SPD, zur Mailaktion zur heutigen verschobenen Abstimmung

Vielen Dank, dass Sie sich wegen des Entschließungsantrags des Europäischen Parlaments zu TTIP an mich wenden.
Heute, am 10. Juni,  waren eigentlich die Debatte und die Abstimmung über die Resolution des Europäischen Parlaments zu den Verhandlungen über das beabsichtigte Handelsabkommen TTIP geplant. Sie werden es vermutlich bereits gestern mitbekommen haben, dass die Abstimmung verschoben worden ist und die Resolution wegen zu vieler Änderungsanträge zurück in den Handelsausschuss verwiesen wird (Artikel 175 Geschäftsordnung). Heute Morgen wurde nun auch mit knapper Mehrheit im Plenum die Debatte dazu verschoben.
Es ist kein Geheimnis, dass es vor allem in unserer Fraktion viele kritische Stimmen zu der vom Handelsausschuss verabschiedeten Resolution gibt. Auch ich stehe vor allem der Formulierung zu den Schiedsgerichten mehr als skeptisch gegenüber und hätte in der Abstimmung das Amendment 27 unterstützt, das jeder Form von ISDS eine Absage erteilen würde. Persönlich bin ich reichlich unzufrieden mit dieser Situation, da ich mir eine spannende Debatte und eine klärende Abstimmung im Anschluss gewünscht hätte. Dann wäre die Position des Parlaments zu den Verhandlungen insgesamt und auch zu den strittigsten Punkten wie ISDS geklärt gewesen. Ich wünsche mir, dass wir die Resolution möglichst schnell wieder auf der Tagesordnung des Plenums haben und dann anständig diskutieren und abstimmen können.
An dieser Stelle vielleicht noch ein inhaltlicher Hinweis: Die Artikel 207 und 218 des Vertrags von Lissabon (AEUV) regeln das auswärtige Handeln der Union in den Fragen der gemeinsamen Handelspolitik. Sie legen unter anderem fest, dass Europäischer Rat und Europäische Kommission die Verantwortung für die Verhandlungen und deren Ausgestaltung tragen. Die Europäische Kommission, durch den Handelskommissar vertreten, führt die Verhandlungen, wenn sie vom Europäischen Rat dafür ein Mandat erhält. Sie ist an Weisungen des Rates gebunden und wird von einem Ausschuss dabei unterstützt. Das Parlament soll während der Verhandlungen unterrichtet werden und ist bei Freihandelsabkommen erst nach Abschluss der Verhandlungen in den Gesetzgebungsprozess einbezogen. Um es kurz zu machen: Die Mitgliedsstaaten geben der Kommission einen detaillierten Auftrag, zu verhandeln und das Parlament kann am Ende lediglich mit ja oder nein stimmen. Diese Resolution ist also keine Abstimmung über TTIP, sondern eine Meinungsäußerung des Parlaments an die Kommission. Das Europäische Parlament kann seinen Standpunkt klar machen aber nicht in die Verhandlungen eingreifen oder sie gar stoppen. Das haben lediglich die Regierungen der Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat in ihrer Hand.
Das Thema TTIP beschäftigt nun seit weit über einem Jahr die breitere Öffentlichkeit in Deutschland und natürlich auch uns Abgeordnete. Internationale Handelspolitik ist nicht mein eigentliches parlamentarisches Thema, aber da das geplante Abkommen mit den USA (genauso wie das mit Kanada, CETA) so viele Bereiche des täglichen Lebens berührt, habe ich mich soweit möglich in die Materie eingearbeitet und mir ein Bild gemacht. Auf dieser Infoseite http://tiny.cc/ertug_ttip finden Sie meine Position, die Positionierung der SPD-Abgeordneten und meiner Fraktion sowie weitere Informationen und Verweise zu den Handelsabkommen.
Ich hoffe, Ihnen damit zumindest ein paar Antworten gegeben zu haben und lasse Ihnen nach der tatsächlichen Abstimmung (hoffentlich im Juli-Plenum) ein Update zukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Ismail Ertug