In einem Interview erschienen in: Die Zeit vom 16. Januar 2015, sprach Pia Eberhardt mit Alexandra Endres über TTIP. Für sie ist es klar, dass nur dagegen sein nicht reicht, denn der Investorenschutz, der in TTIP beinhaltet ist, wird kommen.
Auch wenn der Investorenschutz nicht mehr auf der Agenda der nächsten Verhandlungen im Februar steht, glaubt die Lobbykritikerin nicht, dass diese Klausel vom Tisch ist. Der Widerstand wird zwar für die EU-Kommission spürbarer und zeigt sich eindeutig in den Ergebnissen der öffentlichen Konsultation: 97 Prozent der Befragten sprechen sich gegen Schiedsgerichte, wie sie durch die Investorenklausel eingeführt werden sollten, um zwischen Staaten und Konzernen zu schlichten, aus.
Anstatt diese Ergebnisse ernst zu nehmen und den Investorenschutz aus dem Abkommen zu streichen, hält die EU-Kommission an ihren Pläne fest. Wie könnte man sonst die Absicht von Frau Cecilia Malmström deuten, weitere Konsultationen führen zu wollen? Laut Pia Eberhardt ist die Botschaft der Kommission an die Bürger: „Vielen Dank für Ihren Beitrag, aber wir machen weiter wie bisher. So verhöhnt die Kommission die Demokratie.“
Dass die meisten Stimmen gegen die Klausel von Internet-Kampagnen stammen, ist für die Handelsexpertin von CEO irrelevant. Sie hält die Ablehnung der TTIP-Gegner für fundiert, auch wenn sie online zirkulierte, wie z.B. die von Friends of the Earth Europe: „Sie transportierten eine differenzierte, gut ausformuliere Kritik an der Agenda der Kommission.“ Auch andere ablehnende Stimmen gab es von: „(…) Einzelpersonen, Verbänden und Parteien, gerade aus Deutschland.“
Die Kommission nimmt keine Rücksicht auf das Ergebnis der Konsultation, für sie zählen weiterhin allein Positionen wie z.B. die vom Bundesverband der Deutschen Industrie. Pia Engelhardt weiter: „Vielleicht musste man damit rechnen. Dennoch ist es ein dreister Schlag ins Gesicht aller Demokraten.“
Auch im Ceta-Abkommen bietet der Investorenschutz keine Formulierung, die Staaten gegen Ansprüche und Forderungen der Konzerne schützt. Und ein Abkommen mit China sieht Pia Eberhadt genauso kritisch: „China ist doch selbst scharf darauf, den Investitionsschutz in einem Abkommen zu verankern. Das Land exportiert Kapital und will seine Investoren schützen. Aber ein EU-China-Investitionsschutzabkommen wäre genauso gefährlich wie der Investitionsschutz zwischen EU und USA.“
Für die Handelsexpertin müsste ein annehmbarer Investitionsschutz so aussehen: „Das Wichtigste: Er müsste ohne private Schiedsgerichte funktionieren, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen brechen. Man könnte internationale Gerichte nutzen, beispielsweise den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, vor dem schon eine Klage ehemaliger Yukos-Anteilseigner gegen Russland verhandelt wurde. Die Richter sprachen den ehemaligen Eigentümern im vergangenen Sommer 1,9 Milliarden Dollar Entschädigung zu.“
Schließlich bemängelt sie, dass in Sachen Transparenz bei den Verhandlungen sich nichts tut, die Vertragsentwürfe zu den einzelnen Kapiteln seien nicht einsehbar: „Die Kommission denkt auch gar nicht daran, konkrete Entwürfe an die Öffentlichkeit zu geben; das hat sie sehr entschieden klargemacht. Was veröffentlicht wurde, ist teilweise reines PR-Material; bei manchen Papieren ist nicht klar, ob sie tatsächlich den Verhandlungsstand widerspiegeln; und zu manchen wichtigen Bereichen der Freihandelsgespräche gibt es gar keine Verhandlungstexte, etwa zu denen über den Dienstleistungssektor.“
Es geht also munter weiter: die Verhandlungen bleiben uns verborgen, die EU-Kommission rückt von ihrer Position nicht ab, und dadurch hebelt sie demokratische Grundregeln zusehends aus. Immer deutlicher wird nur: seit der ersten Ohrfeige letztes Jahr durch die niedergeschmetterte EBI haben wir uns nicht entmutigen lassen und leisten weiterhin Widerstand, und dieser Wierstand nimmt sogar zu. Und für Pia Eberhardt bleibt noch ein bisschen Hoffnung: „In den kommenden Monaten berät außerdem das EU-Parlament über TTIP – falls es sich am Ende gegen den Investitionsschutz ausspricht, wird es interessant sein, zu sehen, wie die Kommission sich dazu verhält. Sie könnte auch das Parlament übergehen, aber dann würde sie riskieren, dass die Abgeordneten dem Freihandelsvertrag am Ende nicht zustimmen. Dann wäre TTIP endgültig gescheitert.“
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