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Von Ismail Ertug, MdEP, ein Update zu TTIP

Das Europäisches Parlament nimmt TTIP-Resolution an. Ismail Ertug stimmte dagegen, weil keine vollständige Ausnahme von ISDS erfolgt ist. Im Übrigen starke Formulierungen zu Standards bei Arbeitnehmerrechten, öffentlicher Daseinsvorsorge, Verbraucher-, Umwelt- und Datenschutz sowie der kulturellen Vielfalt.

Am Mittwoch, den 8. Juli, hat das Plenum des Europäischen Parlaments die Resolution zu ‪TTIP mit 436 zu 241 Stimmen bei 32 Enthaltungen angenommen. Bei der Abstimmung ging es aber nicht um ein Ja oder Nein zu TTIP. Es ging lediglich um einen Initiativantrag, der der Europäischen Kommission die roten Linien des Europäischen Parlaments verdeutlichen sollte.

Ich hätte mir gewünscht, dass dabei der ursprüngliche Änderungsantrag (AM27) zu ‪‎ISDS, angenommen worden wäre. Damit hätte das Parlament den Schiedsstellen für Investitionsstreitigkeiten eine komplette Absage erteilt. Da mir die Kompromissformulierung im beschlossenen Änderungsantrag (AM 117) hier nicht weit genug ging, habe ich am Ende auch gegen die gesamte Resolution gestimmt. Wir brauchen keine Paralleljustiz, weder private noch öffentliche Schiedsmechanismen, um die Investitionen von Unternehmen zu schützen und ihre Gewinninteressen abzusichern.

Abgesehen von diesem Punkt konnte mein Kollege Bernd Lange aber wichtige Forderungen in der Resolution verankern. Starke Arbeitnehmerrechte, der unmissverständliche Schutz von öffentlicher Daseinsvorsorge sowie der kulturellen Vielfalt konnten als Voraussetzungen in der Resolution gesichert werden. Die Absenkung von Standards für Verbraucher-, Umwelt- und Datenschutz ist damit vom Tisch. Dieses starke Signal können weder die Europäische Kommission noch die amerikanische Regierung ignorieren.  Ein Nebeneffekt dieser beschlossenen Resolution ist im Übrigen auch, dass ‪das geplante CETA-Abkommen in der derzeitigen Form mit ISDS für uns als S&D-Fraktion nicht zustimmungsfähig ist.

Wir beobachten nun kritisch und aufmerksam, wie sich die Verhandlungen entwickeln. Sollte es irgendwann in näherer Zukunft einen Vertragsentwurf geben – was im Moment allerdings eher unwahrscheinlich ist – muss er sich auch an diesen Kriterien messen lassen. Und sollte er ein privates oder öffentliches Schiedssystem beinhalten, werde ich dem Vertrag ebenso wie der Resolution nicht zustimmen.

Weiterführende Links:
Meine Pressemitteilung dazu: http://ertug.eu/91news_de.php?wpf_news_id=993#news993
Sammlung von Hintergrundinformationen zu TTIP und CETA: http://tiny.cc/ertug_ttip
Hier finden Sie das Protokoll zur namentlichen Abstimmung: http://bit.ly/1Hdvwh1

Für den Tagesschau handelt es sich heute um ein „Ja, aber“

http://www.tagesschau.de/ausland/ttip-169.html

 

Für den Standard.at, ist die heute verabschiedete Resolution „nicht rechtlich bindend“

http://derstandard.at/2000018783069/EU-Parlament-gibt-gruenes-Licht-fuer-TTIP-Resolution?ref=rec

 

Kommentar von Alexander Hagelüken in der SZ über die Vorteile vom TTIP, die die Gegner nicht mehr ablehnen sollten:

Jetzt reicht’s aber auch mal

http://www.sueddeutsche.de/politik/freihandelsabkommen-ttip-jetzt-reichts-aber-auch-mal-1.2556267

Zwei Millionen EU-Bürger sagen NEIN!

Und die G7-Teilnehmer sagen: Noch mehr Handelsabkommen!

Aus dem gemeinsamen Abschlusspapier von Elmau:

Während die Stärkung des multilateralen Handelssystems weiterhin Priorität besitzt, begrüßen wir auch die laufenden Bemühungen um den Abschluss ehrgeiziger neuer bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen auf hohem Niveau und sehen einem raschen Fortschritt bei den plurilateralen Verhandlungen, unter anderem zum Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, TiSA), zur Erweiterung des Übereinkommens über Informationstechnologie (Information Technology Agreement, ITA) und zum Abkommen über den Handel mit Umweltgütern (Environmental Goods Agreement, EGA), erwartungsvoll entgegen. Wir werden daran arbeiten, die Erweiterung des Übereinkommens über Informationstechnologie unverzüglich abzuschließen. Diese Abkommen sind in der Lage, das multilaterale System zu unterstützen, zu einem stärkeren Welthandel sowie zu mehr Wachstum und Arbeitsplätzen beizutragen und können als Bausteine für zukünftige multilaterale Übereinkünfte dienen. Zu diesem Zweck müssen Freihandelsabkommen transparent, auf hohem Niveau angesiedelt und umfassend sein und das WTO-Regelwerk respektieren und unterstützen.
Wir begrüßen die Fortschritte bei wichtigen laufenden Handelsverhandlungen,
einschließlich der Verhandlungen zur Transpazifischen Partnerschaft (Trans
-Pacific Partnership, TPP), zur Transatlantischen Handels-
und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) und zum Freihandelsabkommen / Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreement, EPA) zwischen der EU und Japan, die den Abschluss ehrgeiziger, umfassender und für beide Seiten vorteilhafter Abkommen zum Ziel haben. Wir werden alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, um die Verhandlungen zur Transpazifischen Partnerschaft (TPP) so rasch wie möglich zum Abschluss zu bringen und eine grundsätzliche Einigung zum Freihandelsabkom-men/Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan vorzugsweise bis Ende des Jahres zu erzielen.
Wir werden die Arbeit an allenTTIP-Themen umgehend beschleunigen und dabei Fortschritte in allen Elementen der Verhandlungen gewährleisten, mit dem Ziel, baldmöglichst, vorzugsweise bis Ende dieses Jahres, Einvernehmen
über die Grundzüge eines Abkommens zu erzielen.Wir begrüßen den Abschluss der Verhandlungen zum Umfassenden Wirtschafts-und Handelsabkommen (CETA) zwischen Kanada und der EU und
sehen seinem zeitnahen Inkrafttreten erwartungsvoll entgegen.
Wir werden darauf hinwirken, sicherzustellen, dass unsere bilateralen und regionalen Freihandelsabkommen die Weltwirtschaft unterstützen.

28. Mai 2015, SPD und ISDS

Kleine Rekapitulation einer ersten Kapitulation (Danke an W. Gröh aus Bremen für die Zusammenstellung).

Unter dem Vorsitz des niedersächsischen SPD-Europaabgeordneten Bernd Lange hat der Handelsausschuss des EU-Parlaments letzten Donnerstag, 28. Mai, dafür votiert, dass Konzerne in TTIP Klagerechte und Investitionsschutz (ISDS) genießen sollen.

http://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/ttip-sozialdemokraten-stimmen-im-eu-handelsausschuss-fuer-konzernklagerechte/

Am 4.3.2015 hatte Lange, der auch TTIP-Berichterstatter des EU-Parlaments ist und 2012-2014 Sprecher der Sozialdemokraten im EU-Parlament war, noch erklärt:
„In Staaten mit hochentwickelten Rechtssystemen, wie das in der EU und in den USA der Fall ist, ist es Aufgabe der nationalen Gerichte,bei Investorenstreitfragen unter Gleichbehandlung
von ausländischen und inländischen Interessen, Recht zu sprechen.“
http://www.spd-europa.de/pressemitteilungen/klare-kante-gegen-aussergerichtliche-schiedsstellen-handelsvertraegen-2023/

2014 wollten Lange und kritische(?) SPD’ler noch komplett auf einen Investor-Staat-Investorenschutz (ISDS) verzichten:
http://www.heise.de/tp/artikel/44/44119/1.html

Doch jetzt stellt Lange sein Umfallen unter die Überschrift:
„TTIP: Private Schiedsstellen sind tot – Handelspolitiker begraben überholtes System“
http://www.bernd-lange.de/aktuell/nachrichten/2015/367734.php

Die Grünen und Linken nennen das „ein Armutszeugnis“:
http://www.sven-giegold.de/2015/beschaemend-christdemokraten-sozialdemokraten-und-liberale-stimmen-fuer-ttip-schiedsgerichte/

Die EU-Konservativen und -Spezialdemokraten sichern ab, dass Investments ohne angemessenen Profit als „indirekte Enteignungen“ gewertet werden und entschädigt werden sollen:
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42548/

„Selbst in reformierter Form ist ISDS eine konzernfreundliche Alternative zu einem unabhängigen öffentlichen Investitionsgericht, kein Zwischenschritt ‚hin zu einem regulären Handels- und Investitionsgericht‘, wie uns die SPD glauben lassen möchte.“
http://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/38-argumente-gegen-ttip-ceta-tisa-co/