Private Schiedsgerichte in den Freihandelsabkommen Ceta und TTIP verstoßen nach Ansicht des deutschen Staatsrechts-Experten Siegfried Broß gegen das deutsche Verfassungsrecht, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“.
Die Klauseln verstoßen laut Broß „gegen deutsches Verfassungsrecht, Recht der EU und bedeuten einen Systembruch des Völkerrechts“. Broß war bis 2010 Richter des deutschen Bundesverfassungsgerichts.
Broß verfasste für die deutsche Hans-Böckler-Stiftung eine Studie zu diesem Thema. In der Studie „Freihandelsabkommen, einige Anmerkungen zur Problematik der privaten Schiedsgerichtsbarkeit“ kommt Broß zu dem Schluss, dass der Einsatz von Schiedsgerichten bei Freihandelsabkommen zu Recht kritisch gesehen wird. Die Studie steht auf der Webseite der Hans-Böckler-Stiftung gratis als Download zur Verfügung.
„Privates Schiedsgericht und Ausübung von Gerichtsbarkeit gegenüber Staaten bei Streitigkeiten, die aus Freihandelsabkommen erwachsen, schließen sich aus. Es bedeutet den Verlust von staatlicher Souveränität und Selbstachtung, sich einer Gerichtsbarkeit außerhalb der Staatenebene zu unterwerfen. Eine Schiedsgerichtsbarkeit innerhalb eines Freihandelsabkommen darf allenfalls als Staatsschiedsgericht organisiert werden. Die Zusammensetzung eines Staatsschiedsgerichts ist so zu gestalten, dass es sich um Vertreter der Vertragsstaaten mit Zustimmung der nationalen Parlamente handeln muss.“
„Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Regeln vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof scheitern, sei sehr hoch“, so Broß zur „Süddeutschen Zeitung“. Brisant wäre eine diesbezügliche Entscheidung der Gerichte auch deshalb, weil es Konsequenzen für bereits bestehende Abkommen hätte, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. „Hinsichtlich der alten Verträge müsste dann nachverhandelt werden“, sagt Broß. Da könnte viel Arbeit auf die Regierungen in der EU zukommen. Allein Deutschland, das als „Erfinder“ von Investorenschutzregeln gilt, hat knapp 130 laufende Investitionsschutzabkommen im Bestand.“
Link zur Studie: http://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_report_2015_4.pdf
Quelle: EU-Umweltbüro, 22.01.2015,
http://www.eu-umweltbuero.at/cgi-bin/neu/cont.pl?contentart=eunews&id=4911