Der große Saal des Amerikahaus war voll besetzt mit jung und alt, als am Abend des 18.06. sechs verschiedene Interessenvertreter die Inhalte und Folgen von Freihandelsabkommen für Bayern, Deutschland und Europa diskutierten. Zwei Befürworter, der amerikanische Generalkonsul, William E. Moeller, und der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, stellten sich den 4 Kritikern: der SZ-Wirtschaftsredakteurin Silvia Liebrich, dem EU-Abgeordneten und ÖDP-Mitglied, Prof. Dr. Klaus Buchner, dem Vorstand von Mehr Demokratie e.V., Roman Huber, und der Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., Gertraud Gafus.
Die TTIP-Kritiker hatten die Masse des Publikums hinter sich. Die Wachstumsversprechen sind minimal und haben Umschichtungen zur Folge, die nur ganz wenigen zu Gute kommen. Vorteile wurden vor allem international operierenden Unternehmen und Anwaltskanzleien zugeschrieben. Mögliche Kosteneinsparungen durch Vereinheitlichung von Vorschriften und Standards ließen sich auch ohne die mit Kanada und Amerika geplanten Handelsabkommen CETA und TTIP regeln. Der sogenannte „Investorenschutz“ bietet zudem unabsehbare Klagemöglichkeiten für Großunternehmen mit unvorstellbar hohen Kosten für die Länder und Gemeinden.
Prof. Dr. Buchner: „Sozial-, Umwelt- und Gesundheitsstandards würden aufgeweicht oder umgehbar; deren Verbesserung zukünftig faktisch ausgeschlossen.“ Gafus machte deutlich: „Bäuerliche Familienbetriebe werden mit den Regelungen ins Aus getrieben.“ und „Die Kennzeichnungspflicht genmanipulierter Lebensmittel wird verhindert, so dass diese dem Verbraucher unbemerkt untergejubelt werden könnten.“ Moeller setzte die „Macht des Verbrauchers“ entgegen: „Über freiwillige Kennzeichnung könnten Produzenten und Verbraucher für genfreie und regionale Produkte sorgen.“
Huber zeigte auf, daß mit TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) die ‚Regulatorische Kooperation‘ festgeschrieben würde, die den USA weitreichende Mitsprache und Vetorechte garantieren, was unsere Autonomie und demokratische Grundordnung in Deutschland/Europa effektiv aushebelt. Die Verhandlungspakete sind noch immer streng geheim. „Wir verlangen die sofortige Offenlegung der Texte, damit transparent wird, was dahinter steckt“ so Prof. Buchner von der ÖDP.
Die 500 Zuschauer kommentierten die Darlegung der weitreichenden Gefahren mit lebhafter Zustimmung.
Die beiden Befürworter fanden nur wenige Fans im Publikum, bekamen nach den zwei Stunden aber respektvollen Applaus.
Der anwesende ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff ist sich sicher, dass es diese Veranstaltung wieder einmal gezeigt hat, wie wichtig ein Dialog auch bei einem solch kontroversen Thema ist. „Herr Moeller hat sich der Diskussion gestellt und ist auch kritischen Fragen nicht ausgewichen. Ich bin mir sicher, dass wir auf diesem Weg einen kleinen Schritt weitergekommen sind und die differenzierte Kritik deutlich geworden ist. Ziel ist es, die kritischen Punkte möglichst zu eleminieren oder zu entschärfen, wenn TTIP verabschiedet werden sollte. Besser wäre es allerdings, Neuverhandlungen mit einem transparenten Verfahren anzusetzen.“